Ich bin hoch konzentriert am arbeiten, als… Ok, seien wir
ehrlich. Man soll eine Geschichte, vor allem wenn es sich um eine wahre Geschichte
handelt, nicht bereits mit einer kleinen Lüge, einer Übertreibung, beginnen.
Also noch einmal. Ich war am arbeiten… Ich war im Büro. Ich sitze also im Büro
an meinem Schreibtisch, da höre ich es hinter mir, aus meiner abschliessbaren
Schublade wispern. Abschliessbar, weil sich darin meine wichtigen Sachen
befinden, die niemand entwenden soll. Ich versuche das Wispern und Flüstern zu
überhören und konzentriere mich wieder auf den Bildschirm. „Iss mich!“ ertönt es, bereits wieder etwas
lauter, aus der Schublade. Ich ignoriere es, trinke einen Schluck Wasser und
beginne, ein Email zu beantworten. Nach zwei Minuten bin ich fertig. Absenden.
Und schon ist es wieder da, dieses eindringliche Flüstern, dass sich in meinen
Gedanken einnistet, mein Denken übernimmt, in meinen Magen vordringt: „Iss
mich!!“ Ich kann es nicht aus dem Kopf
streichen. Ich weiss, es ist da. Es zieht mich an, magisch. Mein Magen meldet
sich zu Wort – auch er fühlt ihre Anwesenheit. Ich kann nicht länger
widerstehen. Ich möchte, wirklich, aber es geht nicht.
Ich greife nach dem Schlüssel, der zu den wichtigen,
geheimen Sachen in der abschliessbaren Schublade führt, und drehe mich um. Noch
einmal zögere ich kurz. Soll ich wirklich? „ISS MIIIICH!!!“ höre ich wieder. Ohne
weiter nachzudenken schliesse ich die Schublade kurz entschlossen auf, und
greife nach der Tafel Schokolade – das einzige, was sich darin befindet, neben
einem Mäppchen meiner Vorgängerin, dessen Inhalt ich noch nie angeschaut habe. leckere,
braune, Schweizer Schokolade. Ich spüre bereits, wie sie in meinem Mund
zerfliesst und ihren unverwechselbaren süssen Geschmack in meinem Gaumen
hinterlässt.
Nur ein kleines bisschen, sage ich mir, und breche eine
Reihe ab, um genüsslich hinein zu beissen. Jetzt weiss ich, wie es Adam und Eva
mit dem Apfel gegangen sein muss. Aaah, ist die lecker! Mein Magen triumphiert.
Schokolade… gibt es etwas Besseres? Vor allem, wenn man eigentlich mal wieder
Diät machen wollte.
Jetzt sollte ich den Rest der Schokolade zurück legen.
Sollte ich. Eigentlich… Aber es sind nur noch zwei Reihen übrig… Aber, die arme Schokolade wieder in der
dunklen Schublade einschliessen? Fast so schnell wie ich den Gedankengang verwerfe,
verschwinden die letzten beiden Reihen. In meinen Mund.
Ich beschliesse (zum wiederholten Male), nie wieder
Schokolade am Arbeitsplatz zu haben. Sie ist meine Schlange im Bikiniparadies.