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Dienstag, 13. September 2011

Nahtoderfahrungen eines iPhones

Heute Morgen ist etwas schreckliches, unfassbares, ja nahezu katastrophales passiert: Mein iPhone liess sich nicht mehr einschalten. 

Egal was ich drückte, der Bildschirm blieb schwarz.

Horrorszenarien spielten sich in meinem Kopf ab. Mein zukünftiger Chef möchte mich anrufen, um mich zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen – ich kann nicht abnehmen. Meine beste Freundin befindet sich in einer amourösen Notlage – und kann mich nicht erreichen. Mein Bus steckt im Stau – und ich kann nicht mein Facebook oder Twitter Account checken, um die Zeit zu verkürzen. Ich kann auf dem Arbeitsweg nicht Musik hören – und muss mir das überdrüssige Geschwätz der Hausfrauen und verliebten Teenies anhören.
Wie soll ich den Tag ohne mein allerliebstes Gadget überstehen? Ohne meinen Jimmy (da ich mit meinem iPhone eine schon fast intime Beziehung führe hat es natürlich auch einen Namen: Jimmy Walter Godoy).

Vor lauter Verzweiflung und unaufhörlichem Drücken sämtlicher Knöpfe verpasse ich meinen Bus und komme zu spät zur Arbeit. Meiner Meinung nach ist der komatöse Zustand meines iPhones eine durchaus akzeptable Entschuldigung.

Und leider muss ich die ersten 15 Minuten im Geschäft dazu verwenden, meine Facebook-News zu checken, den persönlichen Notstand zu twittern, die aktuellen Nachrichten zu lesen und das Wetter von heute zu überprüfen (natürlich könnte ich auch einfach aus dem Fenster schauen, aber ich vertraue meinem iPhone bzw. dem Internet mehr). 

Ich merke wie abhängig ich eigentlich von diesem Gerät bin. Wie es meinen Alltag ständig begleitet. Versucht der Mensch heutzutage nicht eher, unabhängig und frei zu sein?! Und was geschieht ist das genaue Gegenteil. Ohne Internet werden wir nervös. Was?! Ich soll eine Woche lang nicht mehr auf Facebook gehen? Geht’s noch?! Ohne Telefon noch nervöser. Schliesslich rufen alle wichtigen Menschen garantiert ausgerechnet dann an, wenn wir unerreichbar sind. Überhaupt geht unerreichbar sein heutzutage gar nicht. Wir sind 24/7 mit underer halbprivaten Öffentlichkeit verknüpft, teilen via Status-Updates und Tweets ständig Neuigkeiten aus unserem ach so interessanten Leben mit, kommentieren das Leben anderer. Was haben wir bloss vor 15 Jahren gemacht?! Wie war mein Leben vor iPhone und all seinen Apps? Musste ich mich tatsächlich, so im echten Leben jetzt, mit Menschen unterhalten? Gab es überhaupt ein Leben davor?!

Da – ein kleiner Apfel erscheint auf Jimmys Bildschirm. Er ist zurück! Das Leben hat ihn wieder! Mein Leben hat wieder einen Sinn! Vergessen sind all die kritischen Gedanken gegenüber dem Gerät und meiner Abhängigkeit. Bitte lieber Jimmy, bleib gesund, denn mein Vertrag mit dem Anbieter läuft erst in acht Monaten ab, und vorher bekomme ich keinen Jimmy Walter Godoy II. fast gratis!

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