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Freitag, 30. September 2016

20 Dinge aus der Schweiz die ich am meisten vermisse

Man nehme eine Flasche Wein, eine Prise PMS, drei Esslöffel Heimweh, gut gemischt mit einem Pfund Schlaflosigkeit, lasse das Ganze einige Tage in Arbeitsstress garen und heraus kommt… folgender Blogeintrag.

Ich mag Mexiko. Ich bin gerne hier. Was aber nicht ausschliesst, dass ich einiges aus der Heimat vermisse. Darunter so manches, das ich früher als selbstverständlich hinnahm. Hier eine Liste der Dinge, die ich am meisten vermisse (in keiner spezifischen Reihenfolge): 

  1. 5-Tage-Woche. Bzw. 2 Tage (oder mehr) Wochenende.
  2. 4 Wochen (oder mehr) bezahlte Ferien.
  3. Berge. Oder Hügel. Oder irgendeine Art  natürliche Erhöhung in der Landschaft. Das höchste hier ist die Autobahnbrücke (ohne Scheiss).
  4. Stiefel, Schal, Pullis, Mäntel.
  5. Trinkbares Leitungswasser. Das Mineralien und so hat die meinem Körper gut tun.
  6. Und wo wir schon beim Wasser sind, Wasser das man nicht…. nachfüllen muss. Wenn ich in der Schweiz den Wasserhahn aufdrehen kommt (fast) immer Wasser aus der Leitung, während man es in Mexiko regelmässig «nachfüllen» muss. Sprich, es kommt plötzlich kein Wasser mehr aus der Leitung. Gerne gerade dann, wenn ich eingeseift und shampooniert in der Dusche stehe. Damit wieder Wasser aus der Leitung sprudelt, muss ich draussen (ja, vor der Haustür draussen) so einen Knopf drücken, ein lautes Geräusch ertönt, und nach etwa 15 Minuten stelle ich es wieder ab. Ich weiss zugegebenermassen nur sehr wenig über die technischen Details (ich kann mich dunkel daran erinnern, in der Primarschule die ARA Luzern besucht zu haben.
  7. K.Ä.S.E Ich könnte töten für einen Gruyere. Oder Raclette. Ich habe in einem Gourmet-Geschäft hier mal "Reclett" gekauft - es hat geschmeckt wie es tönt.
  8. Schwiizerdütsch rede.
  9. Ebene Gehsteige. Hier muss man mit dem Blick auf den Boden gerichtet gehen, da es Löcher im Trottoir hat, manchmal richtig tiefe, heraus ragende Drahtseile, hin und wieder Abfall oder plötzlich eine Stufe oder einen regelrechten See nach Regenfall. Wer schielen kann ist im Vorteil, denn man muss auch nach oben hin aufpassen, da manchmal lose Kabel von den Leitungen herunterhängen oder Drahtseile.
  10. Französische Salatsauce. Hier quetscht man eine Limette über dem Salat aus (der in der Regel sowieso nur als Garnierung des Hauptgerichts existiert), und lacht mich aus wenn ich Vinaigrette-Rezepte vorschlage.
  11. Orangen die tatsächlich orange sind. Hier sind sie grünlich. Als ich mal erwähnte wie seltsam ich es finde, dass Organgen hier grün sind, wurde ich erstaunt gefragt. was für eine Farbe Organgen denn sonst haben sollen… (Ok, mir ist es eigentlich völlig Wurst welche Farben die Orangen habe ich fand nur die Anekdote witzig.)
  12. Suure Gsprützte bestellen in der Bar
  13. Unter 90 Prozent Luftfeuchtigkeit. Es ist nicht nur klimamässig anstrengend weil man irgendwie ständig am schwitzen ist, sondern die Feuchtigkeit greift auch alles an. Ledertaschen oder Schuhe haben eine extrem verkürzte Lebenszeit. Kleider und Schuhe die man länger (nicht getragen hat, müffeln oder schimmeln sogar.
  14. Einbauküchen. Hier muss man sich die Küche selber kaufen, wenn man eine Wohnung mietet. Küchen sind verdammt teuer. Wir haben es bisher zu einem Kühlschrank und einer elektrischen Kochplatte gebracht.
  15. Kleine, ungiftige Insekten. Hier sind die Kakerlaken so gross, dass ich vermute sie hat sich darum zwischen meinen Schuhen versteckt weil sie sich ein Paar ausleihen wollte. Und ich könnte schwören der Heugümper hat mit meiner Jeansjacke geliebäugelt.
  16. Thomy Mayonnaise. Überhaupt Mayonnaise und Senf aus der Tube.
  17. Klar organisierte ÖV mit Fahrplan, in die auch Menschen über 1.60 m Körpergrösse bequem hineinpassen. Gerne mit Klimaanlage.
  18. Kleidergrössen die ich verstehe. Hier benutzen sie glaube ich Mexikanische und US und was weiss ich was für Grössen, die aber irgendwie für Blusen und Hosen total unterschiedlich sind - ganz zu schweigen von BHs. Ich konnte mir in den knapp zwei Jahren hier noch keinen Überblick verschaffen. Gott sei Dank gibt es einen H&M. Und Kleidergrössen für Frauen scheinen ja sowies etwas sehr willkürliches zu sein.
  19. Grosse Menschen. Ich vermisse meine Schuhe mit Absätzen, aber ich überrage ja sogar barfuss schon die meisten hier um einiges. Ein Mitarbeiter hat mich mal liebevoll als «Yeti mit dem Herzen eines Mädchens» beschrieben. 

Was ich aber am allermeisten vermisse, sind meine Freunde in der Schweiz. Eine Handvoll Menschen die unersetzbar sind, und deren Gesellschaft zum wertvollsten gehört was ich habe. Das ist wohl das einzige was ich mit hundertprozentiger Sicherheit immer vermissen werde. 

Freitag, 10. Juli 2015

Wieso Mexiko?


Wie sicher alle mitbekommen haben, habe ich vor knapp einem Monat der Schweiz den Rücken gekehrt. Nach einem sechsmonatigen Probewohnen in Playa del Carmen habe ich den grössten Teil meiner Sachen weggeschmissen, gespendet oder verkauft, einiges bei meinem Bruder im Keller gelagert und 45 Kilo mitgenommen. Folgende zwei Fragen musste ich deswegen schon unzählige Mal beantworten: Warum? Und wieso ausgerechnet Mexiko? Hier die Antwort dazu schriftlich. 



Viele denken, ich sei einfach wegen meinem Mann hierhergezogen. Ja, auch. Aber nicht nur. Ja, es geht um Liebe. Aber Liebe zum Leben. Liebe zu dem, was ich tue. Liebe zu meiner Umgebung. Und nicht zuletzt natürlich Liebe zu all den Menschen in meinem Leben, die mir wichtig sind.  In der Schweiz habe ich von alldem nicht mehr viel gespürt (ausser der Liebe zu den Menschen in meinem Leben natürlich). Ich war unzufrieden mit mir selbst, meiner Arbeit, meinem Leben überhaupt. Jeden Morgen musste ich mich zwingen, aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Eine Veränderung musste her. Denn eines war mir klar: Ich würde nicht zu einem von den Menschen werden, die immer nur motzen aber nichts gegen ihre Unzufriedenheit tun. 

Ich bin mir dessen bewusst, dass, nur weil ich in einem anderen Land lebe, nicht gleich alles magisch besser wird. Aber die Veränderungen die ich mir wünsche und die ich vor allem aktiv beeinflussen kann, sind hier greifbarer. Ich möchte nicht mehr acht Stunden am Tag in einem Büro sitzen und sinnlose Berichte, Nachrichten oder Produktbelobungen schreiben. Ich möchte überhaupt nicht mehr acht Stunden am Tag in einem Büro sitzen müssen. Ich sah in meinem Leben in der Schweiz höchstens eine Veränderung in der Karriereleiter. Und ich bin nicht daran interessiert, diese hochzuklettern. Ich bin daran interessiert, täglich gerne zur Arbeit zu gehen. Freude an dem zu haben, was ich mache. 

Ausserdem, seit  ich als kleiner Knopf mit fünf Jahren zum ersten Mal das Meer gesehen habe, war es mein Traum, am Meer zu leben. Wann hatte ich meine Träume vergessen und stattdessen nur noch an Schulabschlüsse, Diplome und Monatslöhne gedacht? Irgendwann im Laufe meines Lebens habe ich tatsächlich vergessen, was ich wirklich will, was ich wirklich gerne mache. Ich habe mich stattdessen nur noch darauf konzentriert, was von mir erwartet wird. Ich habe gedacht, ich kann schreiben, also werde ich Journalistin. Es hat eine Weile gedauert, bis ich gelernt habe, dass was man gut kann, nicht unbedingt das ist, was man täglich acht Stunden lang machen will. Oder in anderen Worten, Können ist nichts ohne Begeisterung. Es gibt noch andere Dinge die ich gut kann UND die mir Freude machen. Das letzte Jahr habe ich also hauptsächlich damit verbracht, dem auf den Grund zu gehen: Was will ich wirklich?

Unterbewusst war mir schon lange klar, dass ich hier bleiben will. Trotzdem hatte ich Angst vor der Entscheidung. Was, wenn doch alles schief gehen würde? Was, wenn ich hier niemals so gute Freunde finde würde wie Zuhause? Was, wenn ich hier noch unglücklicher sein würde? Aber in der Schweiz war ich auch nicht glücklich. Und am wichtigsten, ich weiss, ich würde es tausend Mal mehr bereuen, es nicht wenigstens versucht zu haben, als zu scheitern. Ausserdem hatte ich, bis ich endlich eine endgültige Entscheidung traf, ständig wiederkehrende Albträume davon, in Luzern bleiben zu müssen. Ein Arschtritt meines Unterbewusstseins, das meine Unschlüssigkeit langsam satt hatte. Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und beschloss: Ja. Ich werde alles in der Schweiz zurücklassen und hier neu anfangen. 




Dennoch, der Abschied fiel mir nicht leicht und die wenigen Wochen die ich hatte, um meine Wohnung aufzulösen und mich von allen zu verabschieden, schienen bei weitem nicht genug. Gefühlsmässig machte ich von «Ich schmeiss alles hin und bleibe doch!», über Wutanfälle und Tränen bis hin zu Euphorie alles durch. Das Thema «Loslassen» war allgegenwärtig - und hat am Ende gut getan.

Wieso ausgerechnet Mexiko? Wieder die Liebe. Nicht nur die zu meinem mexikanischen Mann, sondern zu diesem Land. Ich könnte euch jetzt seitenlang von der mexikanischen Kultur, Natur, dem Essen und den Menschen vorschwärmen. Aber das ausschlaggebende für mich war wohl, seit ich dieses Land zum ersten Mal betreten habe, fühlte ich mich hier Zuhause. 

Wie lange ich bleiben will? Für immer? Ich weiss es nicht. Denn wenn ich etwas gelernt habe in meinem Leben, dann, dass die Dinge oft anders geschehen als geplant. Also lasse ich es auf mich zukommen. 


Und nun bin ich hier. Und habe meine Entscheidung noch keine einzige Sekunde bereut. So weit läuft nämlich alles wunderbar. In der Liebe. In der Arbeit, wo sich ungeahnte Möglichkeiten aufgetan haben. Mich umgeben wunderbare Menschen. Und wenn ich am Strand stehe, die Meeresluft einatme, das Rauschen der Wellen in meinen Ohren und in die Weite blicke (ja, genau so kitschig mache ich das), dann bereue ich erst recht nichts. Es ist lange her, dass ich so glücklich war!