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Montag, 15. August 2016

Was alles kann meine Autohupe? Oder: Autofahren in Mexiko

Wer von euch fährt Auto und kennt das Gefühl, die Autoprüfung ENDLICH bestanden zu haben? Ich nicht. 



Nicht, dass ich die Prüfung nicht bestanden hätte, nein, ich habe sie gar nie erst gemacht. Aus Gründen, die einen anderen Blogartikel (und vermutlich mindestens eine Therapiesitzung) füllen könnten. Ich habe lediglich den Nothelfer gemacht (welcher übrigens so viele seltsame Ereignisse mit sich zog, dass das vemutlich noch einmal einen Artikel füllen könnte).

Ich habe vom Autofahren ungefähr so viel Ahnung wie von der Regelung meiner Finanzen: Die Theorie ist glasklar, aber die Praxis... Da ich von Natur aus eher paranoid bin, kenne ich die Theorie dafür wohl besser als so mancher erfahrener Autofahrer. Was mich entweder zur exzellenten oder nervtötendsten Copilotin macht.

Nun lebe ich ja inzwischen in einem Land, wo es statt der SBB winzige Vans gibt, deren Fahrer meiner Meinung nach viel zu sehr auf ihren "Ich gehen mit Gott" Aufkleber vertrauen und die ausserdem eher für Leute mit Körpergrösse 1.50 m gemacht sind. Selbst wenn ich einen Sitzplatz ergattere bin ich, im Gegensatz zu so manchen kleinen, Mexikanern nicht allzu bgeistert von der Idee, eingeengt zwischen besagten, männlichen, sehr begeisterten, Mexikanern zu sitzen. Ausserdem bin ich diesem Gott, der derart halsbrecherische Fahrstile toleriert, gegenüber eher skeptisch gesinnt. 



Also habe ich mir so gedacht, hey, wenn ich mich traue in Mexiko Auto zu fahren, kann ich das in der Schweiz ganz sicher. Das einzige was ich benötige: Ein möglichst grosses Auto (je grösser das Auto desto mehr Vorfahrt), ein bisschen Geld und besagte Therapiesitzung. Denn was in der Schweiz ein kostspieliges Unterfangen ist und eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, ist hier höchstens deswegen kostspielig, weil erwartet wird, dass man mit dem eigenen Auto zur Fahrprüfung aufkreuzt. (Ich denke nicht, dass Arturo mir seinen BMW leihen wird. Das wird wohl vor mindestens 10 Jahren Fahrerfahrung und wiederholten Bestechungsversuchen nicht geschehen). Was übrigens wohl auch den Fahrstil vieler Mexikaner erklärt, allen voran den der Taxifahrer, der sich wohl am besten mit Strassenverkehrs-Nahkampf beschreiben lässt. 

In Mexiko sieht das Prozedere um einen offiziellen Führerschein zu erhalten folgendermassen aus: Man gehe zum mexikanischen Äquivalent des Strassenverkehrsamtes, wo man zunächst einen 30-minütgen Vortrag zum Thema Autofahren und Strassenverkehrsregeln erhält. Da Strassenverkehrsschilder hier eher Richtwerte als tatsächliche Regeln zu sein scheinen, vermute ich, dass hier vor allem erklärt wird, dass die Autohupe magische Wirkungen hat. Es folgt ein kurzer Multiple-Choice-Test  (Was kann meine Hupe? a) Staus auflösen, b) rote Ampeln auf grün schalten, c) das Stopp-Signal an Kreuzungen ersetzen oder d) alle zuvir genannetn Möglichkeiten). Hat man diesen bestanden, folgt die praktische „Prüfung“: bitte einmal zwischen zwei Strassenkegeln einparkieren. Wie bereits erwähnt, mit dem eigenen Auto, mit dem man  bereits zum Test hergefahren ist. Hat man dann erfolgreich einparkiert ohne einen der anwesenden Strassenkegel zu massakrieren,  gilt der Test als bestanden und man darf offiziell Auto fahren. Je nachdem wieviel man dafür bezahlt, ist der Führerschein national oder international gültig. Von Leuten die ohne Führerschein herumkurven (was erschreckend viele sind), hört man übrigens gerne: Ich fahre mit Gottes Lizenz. 



Da die Schweizer Behörden ein weniger ausgeprägtes Gottvertrauen haben, werde ich wohl versuchen, bald einen internationalen Führerschein hier zu machen. Mit bald meine ich irgendwann in den kommenden 10 Jahren. Therapie ist teuer. Teurer als ein Führerschein. 

Montag, 9. Mai 2016

Offener Brief an alle Hotelgäste dieser Welt

Lieber zukünftiger Gast irgendeines Hotels irgendwo auf dieser Welt.

Bevor Sie uns besuchen, beachten Sie doch bitte Folgendes:

Im Hotel arbeiten Menschen, und obwohl wir alle unsere Gäste immer freundlich und mit einem Lächeln behandeln, würden wir Ihnen manchmal am liebsten so richtig die Meinung sagen. Tun wir aber nicht, weil wir unsere Gäste grundsätzlich mit Respekt behandeln, ob sie den nun verdienen oder nicht. Halten Sie sich doch bitte an die gleiche Regel. Die Zusammenarbeit und Ihr Aufenthalt wird für alle involvierten direkt um vieles angenehmer. 

Bitte denken Sie daran, dass, um  in eine höhere Zimmerkategorie zu wechseln, es nicht reicht, dass sie extrem müde, extrem genervt oder extrem gutaussehend sind. Das sind wir alles auch. In der Regel müssen Sie für den Preisunterschied, oder zumindest einen Teil davon, aufkommen. Das verstehen Sie nicht? Stellen Sie sich vor sie kaufen einen Fiat 500. Und merken dann, dass der ja gar nicht so toll ist und so schnell fährt wie der Verkäufer es Ihnen vorgeschwärmt hat. Also bringen Sie das Auto zurück und wollen es gegen einen Ferrari eintauschen. Ohne etwas extra zu bezahlen. Sie verstehen natürlich, dass das nicht geht. Genauso wenig können Sie ein Zimmer mit Gartensicht einfach so gegen ein Zimmer mit Meeresblick und Privatstrand umtauschen. 

Verstehen Sie bitte auch, dass wir nicht unendlich viele Zimmer zur Verfügung haben und wenn wir Ihnen sagen, dass wir kein anderes Zimmer für Sie haben, ist es weil tatsächlich alle belegt sind. Oder vielleicht haben wir auch eins, aber Sie sind uns extrem unsympathisch weil Sie uns gerade anschreien und wir dann keine grosse Lust verspüren, Reservierungen hin und her zu verschieben, nur damit Sie zehn Meter näher am Meer sind.

Oh, sie finden uns furchtbar und drohen damit, nie wieder zurückzukommen? Wie schade. (Übersetzt: Ja, bitte, tun Sie uns allen einen Gefallen und kommen Sie nie, nie wieder!)

Punkt vier oder so. Sie haben über Expedia gebucht? Dann beschweren Sie sich bitte nicht bei uns, wenn das Hotel falsch beschrieben wurde. Kleiner Tipp am Rande, es lohnt sich, sich auf der hoteleigenen Webseite über das Hotel zu informieren. Normalerweise lohnt es sich auch, direkt beim Hotel zu buchen, und nicht über Drittanbieter.



Das bringt uns zum nächsten Punkt. Sich vorher zu informieren ist viel weniger anstrengend, als sich nachher zu beschweren. Informieren Sie sich doch bitte im Voraus, ob das Hotel über Parkplätze verfügt, Zimmerservice anbietet, all-inclusive ist und wie es um die Lage steht. Auch Informationen wie, wie weit ist der Flughafen entfernt, leben Haie oder ähnliche bösartige Ungeheuer dort im Meer, und muss ich auf der Stelle sterben wenn ich mit Leitungswasser in Berührung komme, weiss man nach zehn Minuten googeln. Zudem verkürzt sich der Check-in Prozess, wenn wir nicht so offensichtliche Sachen erklären müssen, wie dass wir einen Strand haben. "Hören Sie das Rauschen im Hintergrund? Ja, das ist das Meer." Im Stillen fragen wir uns, welchen Teil von Strandhotel Sie wohl nicht verstanden haben. 

Ein weiterer Punkt ist das Trinkgeld. Ich weiss, bei uns in Europa ist es nicht üblich mit Trinkgeld um sich zu schmeissen. Aber wenn Sie mir fröhlich von der tollen, steinernen Maya-Statue erzählen, die ich gerade das Vergnügen habe in ihrem (mit gutem Grund) 50 kg schweren Koffer in das hinterste Zimmer im zweiten Stock zu schleppen, erwarte ich doch etwas Dankbarkeit in Form von Geldscheinen. Vor allem weil Kofferschleppen eigentlich nicht zu meiner Jobbeschreibung gehört.
Dasselbe gilt für den bereits besprochenen Zimmerwechsel. Geld ist der beste Motivator.


Ach, und eines noch, bitte umarmen Sie uns nicht, wenn Sie gerade verschwitzt und mit Sonnenöl verklebt vin Strand kommen. Auch wenn Sie sich noch so freuen, dass sie einen Schwan aus Badetüchern in Ihrem Zimmer haben.

Herzlich, 

Im Namen aller Rezeptionisten, Concierges und allen die sonst irgendwie mit Gästen zu tun haben.

Mittwoch, 2. Dezember 2015

Vögel sind wie Konfetti


Es gibt Menschen, die es für eine Bombenidee halten, zur Party in der Wohnung eine Tischbombe statt einem Sixpack Bier mitzubringen. Und um die Idee noch grossartiger zu machen, ist besagte Tischbombe u.a. mit Konfetti gefüllt. So lustig. Ich hatte einen solchen Freund. Die Erinnerung an ihn bestand deutlich länger als die Freundschaft. Denn das verdammte Konfetti war überall, wirklich überall gleichmässig in meiner Wohnung verteilt. Ein Jahr nach der Party tauchte hie und da immer noch sich hartnäckig erhaltendes Konfetti auf. 
 
Mir ist klar, jemand anderen würde das vermutlich überhaupt nicht stören. Vielleicht bin ich einfach zu negativ, zu pingelig oder mir fehlt einfach die Fähigkeit mich an bunten Papierschnippseln zu erfreuen. Aber ich konnte noch nie verstehen was genau an Tischbomben und/oder Konfetti so toll sein soll. Jedenfalls sind Tischbomben dieser Art seit jeher in meiner Wohnung strengstens untersagt.

Nun habe ich ja bekanntlich eine Katze, Nikita. Diese bringt mir zwar keine Tischbomben nach Hause (wobei mir das in Anbetracht der Tatsachen glaube ich sogar lieber wäre), aber sie ist sehr jagdfreudig. Ihr liebstes Hobby ist es, Eidechsen zu jagen – und dann irgendwann vielleicht zu töten. Oder sie überlässt die armen Tierchen ihrem Schicksal, und sie sterben langsam vor sich hin bis ich sie irgendwo finde. Ihr zweitliebstes Hobby ist Ratten fangen. Was in den Augen unserer Vermieterin Nikitas einzige Daseinsberechtigung ist. Kommen wir zu Nikitas Hobby Nummer drei, Vögel fangen. Sie tut das mit einer gewissen Beharrlichkeit. Denn entsorge ich das tote Tierchen zu bald, bringt mir die treue Nikita tatsächlich ein neues Exemplar. Was bin ich auch für ein undankbarer Mensch, einfach ihr hart erjagtes Geschenk zu verachten! Um ihrem Geschenk also mehr Nachdruck zu verleihen, platziert sie den Vogel dann in der Wohnung. 



Tote Kleintiere wie Ratten, Fledermäuse oder Eidechsen sind schnell entsorgt. Und als Katzenbesitzerin ist man ja abgehärtet. Aber Vögel... Vögel haben Federn. Und diese verdammten Federn verteilen sich verdammt nochmal überall in der Wohnung. Auf dem Boden, in der Luft, an den Wänden, unter dem Bett, unter dem Sofa... setze die Liste beliebig lang fort. Und auch nach wiederholtem, sehr gründlichem Putzen fliegen hin und wieder immer noch Vogelfedern durch die Wohnung. In diesem Sinne, Vögel sind wie diese mit Konfetti gefüllten Tischbomben. Danke Nikita, für ein Geschenk an dem wir lange Freude haben werden...

Fazit: Mache Freunden wie Katzen möglichst von Anfang an deine geschenktechnischen Vorlieben klar. Vielleicht nützt es ja was...

Notiz am Rande: Ich habe diesen Text im Computer an meinem Arbeitsplatz geschrieben, der eine spanische Tastatur hat. D.h. alle Umlaute musste ich via Sonderzeichen einfügen oder mir schlaue Umlaut-freie Synonyme ausdenken. Man beachte meine Hingabe an diesen Blog.

Mittwoch, 18. November 2015

Der lange Weg zur Legalität

Was sich nach einem NZZ-Hintergrundbericht anhört, ist nur ein weiterer Blogeintrag über die Höhen und Tiefen meines Lebens hier in Playa. Heute: Wie ich meine Aufenthaltsbewilligung erhielt. Da ich  mit einem Mexikaner verheiratet bin, brauchte dazu eigentlich nur drei Dinge: Geduld (nicht nur für das Eheleben), einen Stapel Dokumente und Geld. Vor allem aber gaaaanz viel Geduld. 

Bei meinem ersten Besuch des hiesigen Migrationsamtes erhielt ich eine Liste. Der logische Gedankengang wäre jetzt, dass ich einfach alle darauf angegebenen Papiere benötige. Falsch gedacht. Von den aufgelisteten Dokumenten benötigte ich nur einen Teil, dafür aber zusätzlich noch drei, die mir die nette, etwas gelangweilte Dame darunter notierte. 

Ich begann also alle nötigen Dokumente zusammenzusuchen, auszufüllen und zu unterschreiben und lieferte wenige Tage später alles beim Migrationsamt ab. Die Einzahlung, die ich am selben Tag und in einer bestimmten Bank tätigen musste, hatte ich ebenfalls erledigt und die Bestätigung natürlich dabei. 

Nach etwa 45 Minuten Wartezeit wurde dann endlich meine Nummer aufgerufen. Nicht, dass die Angestellten dort so wahnsinnig beschäftigt wären. Zumindest sicher nicht damit, Gesuchsteller wie mich zu betreuen. Aber Videos auf Youtube schauen, Pläne für nach dem Feierabend schmieden und mit der dünnen, blonden Französin im knappen Mini flirten nimmt eben auch Zeit in Anspruch. (Notiz am Rande: Die Französin wusste einfach, worauf es beim Migrationsamt ankommt. Ungeschminkt, im alten T-Shirt und Flipflops aufzukreuzen war ein fataler Fehler von mir.) Als ich dann endlich an der Reihe war und dem uniformierten Typ meinen Stapel Papiere in die Hand drückte, erklärte mir dieser in genervtem Tonfall, dass zwei Papiere fehlten und ich zudem zwei Kopien der Einzahlungsbestätigung brauche. Ups, das musste ich wohl überlesen haben? Auf meine Frage, wo dies auf der Liste aufgeführt sei, erklärte er nach einem kurzen Blick darauf: gar nicht. Toll. Wozu haben sie denn überhaupt Listen?

Zwei Tage später stehe ich also wieder auf der Matte. Diesmal im schwarzen Mini-Kleidchen und mit rotem Lippenstift. Bei dreissig Grad im Schatten und gefühlten hundert Prozent Luftfeuchtigkeit sexy aussehen ist übrigens eine echte Herausforderung. Die sich aber lohnt: Ich werde deutlich netter behandelt, ja sogar angelächelt! Meine Papiere sind jetzt soweit auch in Ordnung, aber meine Fotos sind zu hell und ich muss neue machen lassen. Praktischerweise befindet sich das Fotostudio direkt nebenan (die wissen schon warum). Also ist das Problem schnell behoben. Dank roten Lippen darf ich dann auch direkt wieder zu dem jetzt netten Herren und muss nicht eine neue Nummer ziehen. Er wartet auch ganz lieb die fünfzehn Minuten, statt in der Zwischenzeit einen der vielen Wartenden aufzurufen.

Aber die Gänge zur «Migra» hatten sich damit noch lange nicht erledigt. Ich würde per E-Mail eine Bestätigung erhalten, worauf ich erneut vorbeigehen musste, um einen weiteren Einzahlungsschein abzuholen und noch irgendein Dokument abgeben. 

Naja, wieso einfach wenn's auch kompliziert geht. Als ich ungefähr vier Wochen später das E-Mail erhalte, habe ich die weiteren Dokumente natürlich schon bereit und gehe also den Einzahlungsschein abholen. Der übrigens in einer anderen Bank als der vorherigen bezahlt werden muss. Was folgt ist das gleiche Prozedere: Auf die Bestätigung warten, dann wieder eine Einzahlung betätigen. Wieder in einer anderen Bank. 

Wieso haben die so viele verschiedene Konten? (Anders kann ich mir nicht erklären, warum man das Geld immer in einer anderen Bank einzahlen muss.) Und wieso kann man das alles nicht einfach in nur einem Schritt erledigen?! Mit der ganzen Warterei und Herumrennerei ging jedes Mal ein halber Tag flöten. (Notiz am Rande: Autokorrekt akzeptiert Warterei und Herumrennerei nicht und ändert es in Warteei und Serumrennerei.) 

Schlussendlich (ja, ich weiss, dass dieses Wort keinen Sinn macht aber das Migrationsamt hier macht ja auch keinen Sinn) war ich etwa sieben Mal beim Amt. Ok, ich musste zwei Mal zusätzlich gehen, weil ich eine Genehmigung brauchte, um das Land während der Bearbeitung meines Status zu verlassen. Aber trotzdem. Sehr mühsam das alles. Man beachte zudem, dass ich dank meiner Ehe den einfachsten Weg hatte! Als ich die Aufenthaltsbewilligung vor fünf Jahren in Cuernavaca beantragte, ging es bedeutend schneller. Ich habe allerdings gehört, dass sie den Prozess hier in Playa del Carmen extra komplizierter und langwieriger machen, um die viele Ausländer, die hier leben möchten, abzuschrecken.


Aber vier Monate später war es schliesslich so weit: Taraaaa!! Ich bin jetzt stolze Besitzerin einer blassgrünen Karte, die mich nicht nur offiziell und legal hier wohnen lässt, sondern mich zudem von all den Vergünstigungen für Locals profitieren lässt. Zumindest für ein Jahr. Dann fängt die Herumrennerei und Bezahlerei wieder von vorne an. Zuerst darf ich mich aber noch mit dem Beantragen einer Arbeitsbewilligung vergnügen... 

Geduld wird mich hier in Mexiko weit bringen. 

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Moskitos

Vorgestern habe ich mich bei einem Freund in einer schier endlosen Sprachnachricht-Tirade über diese verdammten Moskitos hier aufgeregt. Die Mückenstiche stapeln sich auf meinen Armen und Beinen, es juckt unaufhörlich und ich sehe aus als hätte ich die Windpocken, lauter rote Flecken. Stellt euch das mal in einem sexy Abendkleid vor - das geht gar nicht! Kein Vergleich zu der herzigen kleinen Schweizer Stechmücke, die praktisch nur einen kleinen Pieks hinterlässt. 

Der hilfreiche Kommentar des netten Freundes: «Denk positiv!» 

Welches Kind wünscht sich nicht ein Stofftier-Moskito? (Gesehen bei Amazon)

Ich versuche wirklich, die Dinge im Leben so positiv wie möglich zu sehen. À la, Traumjob nicht bekommen? Da wartet bestimmt was besseres auf mich! Bei Moskito-Stichen fällt das aber schwer. Beruflich läuft's grad nicht so rund aber dafür komme ich bei den Mücken voll an? Juhuu, ich habe Deli-Blut? Yeah. Nein ehrlich, was ist daran positiv, dass ich mich am liebsten den halben Tag im Badezimmer einsperren würde, um mich zu kratzen? Fangt gar nicht erst an mich zu belehren, dass man Stiche nicht aufkratzen soll. Das weiss ich selber und mein Wille bietet Mordskräfte auf, aber das Fleisch ist schwach. Dabei neble ich mich ständig mit Anti-Brumm ein. Man riecht mich jeweils schon gute fünf Minuten bevor ich um die Ecke biege. Wer braucht schon Parfum wenn man Anti-Brumm benutzen kann. 

Alle noch so grässlichen Viecher auf dieser Welt erfüllen irgendeinen Zweck, der ihr Dasein berechtigt: Bienen sind das Sexleben von Pflanzen und machen leckeren Honig. Spinnen essen Insekten die noch ekliger sind als sie selber. Inklusive Mücken übrigens. Sogar Kakerlaken haben eine Daseinsberechtigung: Ihre Scheisse macht den Boden nahrhaft für Pflanzen (Jahaa, ich hab mega recherchiert und einen schier endlos langen, wissenschaftlichen Artikel in Englisch von einem gewissen Dr. Kambhampati gelesen, um diesen einen Satz über Kakerlakenscheisse schreiben zu können). 

Aber wie sieht es mit Mücken aus? Man möchte es nicht glauben, aber auch sie haben ihren Platz in unserem Ökosystem (und ungefähr 100 Plätze auf meinem Körper). Sie dienen einerseits als wichtige Nahrungsquelle für viele Tiere. Eben Spinnen beispielsweise. Und Eidechsen. Die essen übrigens auch Kakerlaken. Und um die Nahrungskette zu vervollständigen: meine Katze isst dann wiederum die Eidechsen. OK, nicht ganz. Sie spielt mit ihnen und lässt sie dann irgendwo, am liebsten im hintersten Ecken unter meinem Sofa, langsam und qualvoll verrecken. Also fallen die Eidechsen bei mir zu Hause leider weitgehend weg als natürliche Moskito-Beseitiger.
Zurück zum eigentlichen Thema. Neben noch ein, zwei anderen, komplizierter zu erklärenden Sachen, dienen Moskitos als Bevölkerungskontrolle. Sie halten Menschen und Tiere mit Dengue, Malaria und anderen von ihnen übertragenen Krankheiten in Schach, damit wir uns nicht zu sehr vermehren und die Erde übervölkern. 

Kommen wir aber endlich zum für mich einzig möglichen positiven Gedanken über Moskitos: Downward Comparison. Gemeint ist, sich gut fühlen weil man sich beispielsweise mit jemandem vergleicht, dem es noch beschissener geht. Dem Moskito geht es meiner Meinung nach beschissener als meinem zerstochenen Selbst. Zumindest möchte ich auf keinen Fall mit einem Lebewesen tauschen, das alle hassen, es sei denn, sie können es essen. Auch wenn die kleine Blutsaugerin (es sind ja nur die Moksitomädels die stechen) sich dessen nicht bewusst ist und bestimmt keine tiefgründigen Gedanken über ihr Dasein hat.


Fazit: Wenn gar nichts mehr geht, Downward Comparison geht immer.

Montag, 26. Oktober 2015

Dinge, die die deutschsprachige Welt nicht braucht

Vor einigen Tagen hat mich die Bewertung eines deutschen Reiseportals so genervt, dass dieser Blogpost entstanden ist. Ich habe für sie einige Texte verfasst, die mit nur vier von fünf Sternen bewertet wurden. Wegen mangelnder Orthografie. Boah. Was?! Die Perfektionistin in mir heulte auf. Wie sich herausstellte, waren es ausnahmslos Wörter, in denen ich ein Doppel-s anstelle des scharfen S (ß) verwendet hatte. 


Wir Schweizer sind ja in vielen Dingen sehr eigen und man mag es oder eben nicht: Wir lieben den Diminutiv, der ist nämlich herzig, mögen es aber gar nicht, wenn Deutsche vom Fränkli reden. Wir fahren Velo, machen grundsätzlich nicht Urlaub sondern Ferien, gehen auf dem Trottoir, essen zum Zmorge ein Gipfeli, wohnen in Attika-Wohnungen, trinken Stangen und die nicht zu östlich wohnhaften können zudem das R aussprechen.

Klar, in Texten für generell deutschsprachiges Publikum lassen wir oben genannte Ausdrücke möglichst weg. Aber in einer Angelegenheit sind wir Schweizer uns alle einig: Dieser eigenartige, geringelte Buchstabe ß ist vollkommen überflüssig. Wir verwenden ihn niemals (und wenn doch, ist die automatische Rechtschreibkorrektur schuld).

Deutsche und Österreicher aber lieben das ß über alle Massen. Oder vielleicht auch nicht. Aber ich bin mir sicher, dass alle den Satz verstanden haben. Denn Masse oder Maße ist das einzige Wort, das sich auch in der Aussprache wegen dem Eszett unterscheidet. Wir Schweizer haben schon lange festgestellt, dass wir klug genug sind, den Unterschied auch durch den Kontext zu verstehen und haben das ß daher schon längst abgeschafft. 

Aber klug genug ind wir ja eigentlich alle. Denn es gibt noch mehr Wörter, die gleich geschrieben werden, aber unterschiedliche Bedeutungen haben. Sogenannte Homonyme: Bank, Tau, Leiter, Schloss, Hahn… um nur einige zu nennen. Wichtig ist, wir wissen immer, wovon gerade die Rede ist. Schreibt mir jemand «Die Tauben sind bestimmt voller Flöhe», bin ich mir sicher, die Person redet von den Vögeln und nicht von gehörlosen Menschen.

Wieso also besteht die restliche deutschsprachige Welt (ich zähle Liechtenstein orthografisch jetzt einfach mal zu der Schweiz) immer noch auf der Verwendung dieses sinnlosen Buchstabens?

Mich für meinen Teil interessiert der Gebrauch des ß nicht und ich werde ihn auch nicht lernen. Auch dann nicht, wenn mich eine deutsche Internetseite deswegen mit nur vier von fünf Sternen bewertet. Meinen Schülern (ich unterrichte hier Deutsch) erkläre ich jeweils, dass es ein Doppel-s ist, dessen Anwendung sie getrost ignorieren können. Die deutsche Sprache ist ohnehin schon schwer genug. 

Fazit: Manchmal sind wir Schweizer eben sehr pragmatisch. 

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Nikita

Rote Katzen lieben mich. Denn es sind immer die Roten, die mich aussuchen. Jawohl, die mich aussuchen. Es ist nämlich nicht so, als hätte ich jemals aktiv entschieden, eine Katze zu adoptieren. Nein, diese Fellknäuel finden immer mich. Und es sind jeweils sie, die entscheiden, «So, bei diesem Menschen bleibe ich jetzt».

Die meisten, die diesen Blog lesen, kennen Mino und Chili. Der eine ein hellroter, mexikanischer Kater, der einen an der Waffel hat. Der andere ein roter rundlicher Kater, der Ähnlichkeiten mit Dreamworlds Version des gestiefelten Katers hat. Ich wollte weder damals in Mexiko eine Katze, noch eine zusätzliche als ich wieder zurück in der Schweiz war. Aber irgendwie hat es sich einfach so ergeben. Mino blieb bei mir, statt zu seinen eigentlichen Besitzern zu kommen und Chili übernahm ich von meinen Eltern. Und natürlich habe ich beide in mein Herz geschlossen. Mein innigster Dank an dieser Stelle an die neuen (vorübergehenden) Adoptivmamis und -papis der beiden. 

Nach meinem Neustart hier in Mexiko war ich aber sicher, ich wollte keine neue Katze mehr. Entweder Mino zu mir holen oder gar keine. Ausserdem bedeuten Haustiere auch langjährige Verpflichtungen, die ich sicher wahrnehmen und können will. Also, zu diesem Zeitpunkt garantiert keine neue Katze mehr. Dann tauchte das Plappermaul Nikita auf.

Nikita, mal ganz graziös...
Damals noch eine namenlose rote Strassenkatze mit leichtem Überbiss und kräftiger Stimme. Eines Tages entschied sie einfach, sie gehört jetzt zu mir. Indem sie uns einfach ins Haus folgen wollte - als wäre es das selbstverständlichste der Welt. Anfangs versuchte ich mich noch zu widersetzen und stellte ich ihr einfach draussen Futter hin. Aber dann hat sie mich doch überredet. Wortwörtlich. Denn sie ist äusserst gesprächig. Egal ob es drei Uhr morgens ist, wenn sie uns unbedingt mitteilen muss, dass sie jetzt wieder zu Hause ist und was sie alles spannendes erlebt hat, oder zehn Uhr früh, wenn ich mich versuche auf meine Arbeit zu konzentrieren. Aber das Gemiaue ist eben schon auch irgendwie herzig. Okay, sie ist extrem herzig. Und hat unsere Herzen im Sturm erobert.

...mal weniger.

Seit knapp drei Monaten verbringt sie jetzt 90% vom Tag zu Hause und folgt mir dort auf Schritt und Tritt. Vergessen sind die Tage, als sie auf der Strasse lebte. Vor allem zur Fütterungszeit. In diesen wenigen Wochen ist aus der kleinen, zerrupften Strassenkatze eine hübsche Katzendame mit glänzendem Fell geworden. Ihre Dankbarkeit drückt sie in Form von toten Ratten, Eidechsen und Vögeln aus. Ja, mein Herz wurde wieder von einer Katze gestohlen.


Fazit: Wenn man eine Katze zur Adoption freigeben will, sollte man das unbedingt im ersten Monat nach dem Kennenlernen tun. Sonst brechen Herzen.